Wochentour „Werder-Brandenburg-Wolziger See–Werder“
Wir werden immer wieder gefragt, wie groß die Strecke ist, die man innerhalb einer Woche bewältigen kann. Im Frühjahr 2022 sind wir mit zwei Yachten, der Balu und der Mary Poppins zu enem Wochentrip aufgebrochen. Der Anspruch für die Reise war, viele unterschiedliche Eindrücke von der Gegend mitzunehmen, ohne jedoch in einen „Fahrstreß“ zu gelangen, in dem möglichst viele Kilometer abgefahren werden. Nichtsdestotrotz war es eine große Strecke mit einigen Fahrkilometern.
Wir starteten, wie immer, von unserer Heimatbasis, der Marina Vulkan Werft in Werder. Das erste Ziel lautete Brandenburg, um dort die Eltern eines unserer Passagiere zu treffen. Die Fahrt führt nach Norden über den großen und kleinen Zernsee, weiter durch die Havel und eine ganze Kette von kleinen und großen Havelseen nach Brandenburg. Das Ziel kann in ca. 3 1/2 Stunden normaler Marschfahrt (ca. 11 km/h) erreicht werden.
Die erste Idee war in dem Hafen Havel Marin zu übernachten. Bei der Suche nach den Gastliegeplätzen wurden wir recht unfreundlich darauf hingewiesen, dass die Gastliegeplätze vor dem Hafen liegen und das wir gefälligst den eigentlichen Hafen wieder verlassen sollten. Wie konnten wir aber auch die vielen Schilder übersehen, die von dem einen oder anderen Boot verdeckt waren… Diese unfreundliche Begrüßung brachte den Hafen um die Einnahme von zwei Gastliegern mit insgesamt acht Personen.
Schräg gegenüber dem Hafen befindet sich die Schleuse Brandenburg, bei der wir uns per Funk anmeldeten und die Frage stellten, wo wir denn warten sollten, da wir keine Sportanlegestelle ausmachen konnten. Von dort kam gleich der nächste unfreundliche Hinweis, dass wir vorbei an den Schildern, die wir angeblich ignoriert haben sollen, an Steuerbord an der dort befindlichen Sportanlegestelle warten wollen. Es stellte sich heraus, dass das Schild der Sportanlegestelle leicht zu übersehen war, insbesondere, wenn man aus dem Hafen kommt, in dem wir uns befanden. Die Brandenburger haben somit nicht gerade eine schöne Visitienkarte ihrer Stadt abgegeben. Letztlich fanden wir in der Stadtmarina Brandenburg aber uns freundlich gesonnene Menschen, so dass wir uns dort wohl fühlten. Die sanitären Anlagen sind sehr sauber und in einem Topzustand, Einkaufsmöglichkeiten in Laufentfernung (ca. 500 m).
Da wir das Fernziel hatten, über die Spree durch Berlin durchzufahren, bot sich als Zwischenziel der Wannsee an. Der Weg dorthin führt zurück durch die Havel bis zu der Anschlusstelle, die zurück nach Werder führt. Um auf dem schnellsten Weg jedoch weiter zum Wannsee zu kommen, führt der Weg durch den Sacrow-Paretzer Kanal, der in den Potsdamer Jungfernsee mündet. Der Jungfernsee schließt südlich mit der Glienicker Brücke ab, am nördlichen Ende gelangt man über ein kleines Stück Havel zum Großen Wannsee. Für den Streckenabschnitt muss man ca. 5 Stunden Fahrt in Kauf nehmen (inkl. 45 Minuten Schleuse).
Zur Nacht fuhren wir die Marina Lanke an. Die Marina zählt zu den größten Marina Berlin und Umgebung. Sie bietet einen hohen Komfort, die Preise sind jedoch dementsprechend hoch im Vergleich zu anderen Marinas. In diesem Bereich der Havel findet man eine große Anzahl Marinas, so dass man nicht auf ein paar wenige angewiesen ist. In der Vor- oder Nachsaison ist man gut beraten, wenn man sich als Gastlieger per Telefon ankündigt, denn nicht alle Marinas bieten zu diesen Nebenzeiten schon ihr ganzes Serviceangebot an. In der Hauptsaison ist es ebenso geboten, sich anzukündigen, weil die Gastliegeplätze zu dieser Zeit knapp werden können. Dies gilt ganz besonders, wenn man am späten Nachmittag erst dort ankommt.
Am nächsten Tag erfolgte ein großer Schlag bis in den Großen Zug im Osten Berlins.
Unsere Yachten verfügen über UKW-Funk, so dass auch die Spree zwischen der Lessingbrücke und der Schleuse Mühlendamm grundsätzlich befahren werden kann. Der Schiffsführer muss hierfür allerdings den Funkschein besitzen und vorweisen können. Die Details zu dieser Strecke und zu der Funkpflicht haben wir bereits in unserem Bericht „Reise durch Berlin“ ausführlich beschrieben.
Im Großen Zug erfolgte auch die ersten Übernachtung in einer Bucht, das Wetter war ruhig, so dass beide Boote zu einem Päckchen verbunden wurden und ein Anker für beide Boote ausreichte. Da wir einen begeisterten Angler an Bord hatten, war dort seine Stunde gekommen.
Am nächsten Tag erreichten wir mit dem Wolziger See den südöstlichsten Punkt unserer Tour.
Die Auswahl an Marinas ist in dieser Gegend leider nicht sehr groß. Durch die Nebensaison bedingt, konnten wir nur noch im Jugendbildungszentrum Blossin Gastliegeplätze bekommen. Der Schwerpunkt des Zentrums liegt in der Freizeitgestaltung mit Bildungsauftrag der Jugendlichen und Kinder, die Gastliegeplätze sind hier eher Nebenschauplatz. Bei unserem Besuch im April 2022 wurden gerade neue Versorgungssäulen für die anlegenden Boote installiert, so dass die Gastlieger sich dort mit Strom und Wasser versorgen werden können. Duschkabinen sind auf dem Gelände verfügbar, die Qualität kann man eher als rustikal bezeichnen. Wenn die Schiffsbesatzung keine Probleme mit Kinderlärm hat, kann der Hafen gut und gerne als Gastliegeplatz weiterempfohlen werden. Auf dem Gelände befinden sich auch Fußball- und Volleyballfelder, die mitgenutzt werden können, selbst Bälle hierfür werden ausgeliehen.
Wir stellten ursprünglich noch die Überlegung an, bis zum Scharmützelsee als weitest entfernten Punkt zu fahren, verwarfen die Idee aber schnell, da bis dorthin noch drei weitere Schleusen zu passieren gewesen wären und die Zeit zu knapp geworden wäre.
Vom Wolziger See ging es über die Dahme zurück Richtung Berlin. Nachdem wir in unseren angestrebten Zwischenziel, der Marina Schmöckwitz, keinen Gastliegeplatz bekamen, wurden wir von der TSG 1898 e.V. herzlich aufgenommen. In diesem Bereich der Dahme finden sich eine Menge Marinas, die teilweise von kleinen Segelclubs betrieben werden. Das liegt wohl auch daran, dass die Grünauer Regattastrecke nicht weit entfernt liegt.
In einem großen Schlag fuhren wir am nächsten Tag erneut durch Berlin bis in den Altstadthafen Spandau durch. Das Befahren des Landwehrkanals von Süd-Osten aus ist zwar gestattet, jedoch sind die Brücken dort so niedrig, dass man nur mit umgelegter Persenning und abgeklappten Windschutzscheiben diese passieren kann. Die einstelligen Temperaturwerte hielten uns ab, diese Alternative einzuschlagen.
Das Team des Altstadthafens ist sehr freundlich und hilfsbereit. Wie der Name der Marina schon suggeriert, ist die Spandauer Altstadt nur ein kleiner Fußmarsch von dem Hafen entfernt, so dass ein abendlicher Ausflug dorthin sich rentiert und immer wieder schön ist. Der einzige Wermutstropfen hierbei ist, dass die Schleuse Spandau zu durchfahren ist. Da diese durch die Berufsschifffahrt recht intensiv in Anspruch genommen wird und diese natürlich Vorrang hat, muss man hier leider mit längeren Wartezeiten rechnen, bevor man eingelassen wird.
Am kommenden Tag blieb uns noch die finale Fahrt nach Werder in unseren Heimathafen Marina Vulkan Werft.
Die genaue Beschreibung dieser Wochentour soll vor allem Skippern, die das Revier noch nicht kennen, eine Hilfestellung bieten, um ihre Tour individuell und sicher planen zu können. Die Erfahrung hat gezeigt, dass eine Tourplanung zum einen unabdingbar ist, um am Ende der Tour wieder stressfrei im Heimathafen zu landen und auf eventuell vorhandene Probleme auf der Strecke rechtzeitig zu reagieren (es ist gerne mal eione Schleuse kaputt oder ein Streckenabschnitt gesperrt).
Als Hilfsmittel verwenden wir zum einen Navinaut. Dieser Onlineroutenplaner berechnet die Fahrtdauer und zeigt aktuelle Probleme auf der Strecke an. Zum anderen nutzen wir die Online-Version der an Bord befindlichen Karten von Kartenwerft. Diese Karten sind sehr detailliert, beschreiben Schleusen ausführlich (inklusive Funkkanal und Telefonnmummer), zeigen die auf den Strecken zu verwendeten Funkkanäle an und in der Kartenwerft-App wird jederzeit die aktuelle Schiffsposition eingeblendet. Die Nutzung auf einem Tablet-Computer bietet sich an. Beide Tools sind allerdings kostenpflichtig.
In dem hier folgenden Video zeigen wir noch ein paar Impressionen der Fahrt: